Immenhof sucht Ethelbert: Sollten mehr Männer aufs Pferd steigen?

Professor Dr. Kathrin Schütz

So viel steht fest: Der Reitsport ist weiblich. Selbst die Reiterliche Vereinigung FN macht keinen Hehl aus dieser Tatsache. Auf der Homepage des Verbandes heißt es über die 2018er-Zahlen der sportlich aktiven Reiter in Deutschland: „Großer Beliebtheit erfreut sich der Pferdesport beim weiblichen Geschlecht. Rund 79 Prozent (540.690) der FN-Mitglieder sind Mädchen und Frauen. Mit 146.057 Mitgliedern ist der männliche Anteil deutlich geringer.“

Der FN-Geschäftsführer für den Bereich Sport, Dr. Dennis Peiler, macht auch deutlich, dass ihm diese Entwicklung nicht gefällt. Im Zusammenhang mit der Turniersportstatistik wies Peiler zuletzt auf „anhaltenden Männerschwund im Pferdesport“ hin. Dieser mache sich auch bei Vereinsmitgliedern bemerkbar (-2,55 Prozent).

FN: „Wir müssen aufpassen, dass uns die männlichen Vorbilder nicht verloren gehen“

Interessant: Der Verlust konnte fast vollständig durch einen Zuwachs an Frauen ausgeglichen werden. „Unser Ziel muss es sein, ein möglichst gesundes Geschlechterverhältnis zu erhalten. Ich fordere uns alle dringend auf, Projekte zur Stärkung der Jungs ins Leben zu rufen. Wir waren auf dem Gebiet schon mal besser“, sagte Peiler. Das betrifft auch die Ausbildung. „Wir haben aktuell rund 85 Prozent lizensierte Trainerinnen, bei den Erstausstellern sind es sogar 90 Prozent. Wir müssen aufpassen, dass uns hier die männlichen Vorbilder nicht verloren gehen“, so Peiler.


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Wirtschaftspsychologin Professor Dr. Kathrin Schütz, die an der Hochschule Fresenius in Düsseldorf und Köln lehrt und forscht, hat sich in einer Studie mit der Thematik des „weiblichen Reitsports“ beschäftigt. Sie ist in der Untersuchung der Frage nachgegangen, ob das Reiten möglicherweise ein Imageproblem hat: Welches Bild hat die Gesellschaft vom Reitsport und welchen Blick haben aktive Reiter auf ihre Sportart?

Viel mehr Auswahl in Pink und Glitzer

Im Interview mit dem Pferdepodcast sagt Kathrin Schütz zu ihrer Studie:

„Ganz spannend waren zunächst unsere Beobachtungen, dass zum Beispiel Pferdezeitschriften sich insbesondere an Frauen und Mädchen richten. Und auch wenn man ins Reitsportgeschäft geht, gibt es dort viel mehr Klamotten und Auswahl in Pink und Glitzer, was wirklich auf Frauen zugeschnitten ist als Sachen für Männer.

Das war unsere grundlegende Idee. Wir haben uns das dann genauer angeschaut und überlegt: Ist Reiten wirklich eine reine Mädchensportart mit Ponyhof-Feeling, weshalb Jungs erst gar nicht mit dem Reiten anfangen? Wir haben dann über 900 Personen befragt, Reiter und Nicht-Reiter. Wir haben uns angeschaut: Wie sind die Einstellungen gegenüber diesen Aussagen.

Das Spannende war, dass vor allem die Nicht-Reiter gesagt haben: Ja, stimmt, Reiten ist wirklich was für Mädchen. Insbesondere die Männer haben das so empfunden. Die Reiter wiederum, egal ob männlich oder weiblich, haben das überhaupt nicht so empfunden. Die haben gesagt: Männer können doch genauso reiten wie Frauen.“

Kathrin Schütz sieht in den Ergebnissen ihrer Untersuchung für den Reitsport eine große Gefahr. Welcher junge Mann, fragt die Wissenschaftlerin, kommt schon auf die Idee mit dem Reiten anzufangen, wenn der Sport in der Gesellschaft zur reinen Mädchenangelegenheit abgestempelt wurde?

In der Reiterszene ist der Wunsch, mehr Jungs und Männer ins Boot zu holen, vorhanden. Der Pferdepodcast hat auf seiner Facebook-Seite eine Umfrage gestartet: Sollten mehr Männer reiten? Das Ergebnis war eindeutig:



Klare Ansage, doch es bleibt die Frage: Wie kriegt man das hin? Kathrin Schütz findet, dass der Reitsport bei der Werbung und Kommunikation nach außen ansetzen könnte:

„Ich kann mir gut vorstellen, dass man das gerade im Springsport oder auch in der Vielseitigkeit noch ein bisschen bewirbt für die Männer: Das ist nicht nur Dressur im Viereck, sondern das ist ein actiongeladener Sport. Es geht darum, die Komponenten, die Jungs und Männer mehr interessieren als Frauen vielleicht, deutlicher hervorzuheben. Also nicht auf das Pferd als Bindungsobjekt einzugehen oder das Mädchen- und Wendy-Klischee, sondern eher das Actiongeladene und die Spannung in den Vordergrund zu stellen.“


Du würdest dem Pferdepodcast gerne finanziell etwas Gutes tun? Das musst Du nicht. Nein, wirklich nicht. Du willst uns trotzdem gerne ein paar Euro zustecken, weil es ja auch technische Kosten gibt und Du magst unseren Podcast halt einfach gut leiden und wir sollen uns jetzt mal nicht so anstellen? Also gut, dann mach mal. Hier:


Auch Pferdepodcast -Hörer haben bei Facebook und in Mails mit diskutiert: Warum ist der Reitsport eine weiblich dominierte Veranstaltung und wie ließe sich das vielleicht ändern?

„Einfach die erste Scheu ablegen“

Hörer Andreas hat uns dazu geschrieben:

„Ich glaube, dass gerade der Einstieg ins Reiten für Jungs & Männer erst mal etwas schwierig ist. Das liegt eben an dem gesellschaftlichen Vorurteil, dass Reiten ein Mädelssport / Mädelshobby ist. Woran das liegt? Nun, in erster Linie denke ich, dass es die gesellschaftliche Suggestion ist. Pferde und Mädchen werden schon ewig miteinander verbunden, gefördert durch Printmedien, Filme und Assoziationen, die der Einzelhandel herstellt. Man muss doch nur mal sehen, was an Pferdezubehör in einschlägigen Shops verfügbar ist. Alles glitzert, ist rosa, pastell, pink etc. Also um ehrlich zu sein, war es für mich bei meinem ersten Besuch eines Shops sehr schwierig, etwas „männliches“ zu entdecken. 

Was man aber als Mann machen kann, wenn man solchen Vorurteilen von außen ausgesetzt ist? Einfach übergehen, links rein und rechts raus. Auf dem Reiterhof selbst bestätigt sich nämlich diese Studie, da wird man von keiner Reiterin krumm angeschaut, weil man nun als Mann zum Reiten geht. Einfach die erste Scheu ablegen und einfach das machen, was einem gefällt, ist immer noch sinnvoller als auf etwas einzigartig Tolles zu verzichten, nur weil andere in ihrer begrenzten Denkweise das Reiten gendrifizieren. 

Außerdem, was wiegt denn so ein Pferd? Sich mit dieser geballten Muskelkraft und Masse auseinander zu setzen und zu „beherrschen“ (ihr wisst was ich meine 🙂 ) hat jetzt nichts unmännliches. Außerdem lässt der Moment, in dem man einem Pferd nahekommt, sofort alles verschwinden was man(n) vielleicht an negativen Kommentaren schon zu hören bekommen hat.“

Und Marco schreibt uns bei Facebook:

„Diese Situation verdanken wir dem Schubladen- und Klischeedenken unserer Gesellschaft. Jungs müssen Fußball spielen, Pferde sind Mädchenkram. Wer männlich ist und Pferde mag muss automatisch schwul sein. Das ist leider in vielen Köpfen drin. Ich reite jetzt ca. 3 Jahre und bin meist der einzige männliche Reiter in der Gruppe. Und nein, nicht schwul. Sowas ist wirklich sehr schade, viele wissen garnicht was für ein toller Sport ihnen da entgeht, was für ein Gefühl von Freiheit man dabei erleben kann. Auch wenn ich oft der einzige Mann in der Gruppe bin, mir macht es Spaß, ich bleib dabei!“

Wie man sich allein als Mann in einer Reitschule fühlt, in der ausschließlich Mädels reiten? Das hört ihr im Interview mit unserem lieben Freund Günter Hofer (Günter ohne H(aar) :-)) ab Minute 22:29. Kopf hoch Günter!


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